MOTIVATION UND ZIELE

Jeder und jede kann lesen? Weit gefehlt. Nationale und internationale Bildungsstudien zeigen deutlich und wiederkehrend: Vielen Kindern und Jugendlichen fällt das Lesen schwer. Am Ende der vierten Klasse können 25 Prozent der Grundschulkinder zwar einzelne Wörter, nicht jedoch längere Sätze oder gar Texte verstehen. Die Folgen bekommen sie als Jugendliche im weiterführenden Unterricht und bei ihrer Berufswahl zu spüren. Sie verlieren den Anschluss und verlassen die Schule häufig ohne oder nur mit einem ungenügenden Abschlusszeugnis. Mehr noch: Die Auswirkungen reichen weit über das eigene Leben dieser jungen Menschen hinaus. Werden sie Eltern, so geben sie ihre Leseschwierigkeiten oft an die nächste Generation weiter.

Wir müssen handeln

Es ist dringend nötig, etwas zu tun: Mit dem Nationalen Lesepakt initiieren die Stiftung Lesen und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels einen politischen und gesellschaftlichen Aufbruch. Gemeinsam mit über 150 Partnern möchten wir die Leseförderung in Deutschland nachhaltig verbessern und allen Kindern und Jugendlichen das Lesenlernen ermöglichen. Denn Lesen ist die Grundlage von Bildung, Eigenständigkeit und Miteinander. Es ist Voraussetzung für Mitbestimmung und Meinungsbildung und damit entscheidend für das Gelingen einer lebendigen Demokratie.

Starke Allianz fürs Lesen

Damit alle Kinder und Jugendliche lesen lernen, brauchen wir ein breites Bündnis. Wir möchten etablierte Netzwerke und Leseförderungsinitiativen festigen, neue Partnerschaften gründen sowie Menschen und Institutionen aus allen gesellschaftlichen Bereichen zusammenbringen. Dazu gehören nicht nur Eltern, Kita- und Lehrkräfte, Bibliothekar*innen und Buchhändler*innen, die Kinder und Jugendliche ohnehin beim Lesenlernen begleiten. Vielmehr beteiligen sich auch die Bundes- und Landespolitik, Kommunen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, Unternehmen, Medienhäuser, Verlage, Stiftungen, Kirchen, Sozialpartner, Gewerkschaften und Ehrenamtliche. Gemeinsam mit allen entwickeln wir eine Strategie, um unser Ziel Wirklichkeit werden zu lassen: dass alle Kinder in Deutschland lesen können.

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Das wollen wir erreichen

Alle Kinder und Jugendlichen
können lesen.
So meistern sie die Schule, schöpfen ihr Bildungspotenzial aus und können ihren Beruf frei wählen.

Alle Menschen verstehen, wie wichtig Lesen für das alltägliche Leben ist.
Und alle engagieren sich, um Kinder und Jugendliche beim Lesen lernen zu unterstützen.

Es entstehen immer mehr gute Angebote, die das Lesenlernen erleichtern.
Mit ihnen können wir all jene unterstützen, die die Lesebiografien von Kindern und Jugendlichen gestalten.

Schirmherrin Karin Prien

Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Grußwort der Schirmherrin

Liebe Leserinnen und Leser,

Kinder lernen von Geburt an. Und nichts unterstützt sie dabei so wirksam wie die liebevolle Zuwendung und sprachliche Anregung: Wenn wir mit ihnen sprechen, singen, ihnen vorlesen und ihnen ermöglichen, positive Erfahrungen mit Geschichten und Büchern zu machen. Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wird – von Eltern, Großeltern, später von Erzieherinnen und Erziehern in der Kita oder von Lehrkräften in der Schule –, lernen deutlich leichter selbst lesen. Lesen ist eine Schlüsselkompetenz – in der Schule und im ganzen Leben.

Wer gut lesen kann, kommt im Unterricht besser mit und kann in allen Fächern erfolgreich sein. Lesen eröffnet Bildungswege: den Schulabschluss, eine Berufsausbildung oder ein Studium. Wer gut liest, meistert auch den Alltag besser – weil er seine Umgebung versteht. Und: Wer gut lesen kann, ist nicht auf die Meinung anderer angewiesen. Er oder sie kann sich selbst ein Urteil bilden, für die eigenen Rechte einstehen und unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten. Die Bundesregierung fördert das Lesenlernen seit Langem – mit vielfältigen Projekten für alle Altersgruppen, durch Forschung zu Sprachentwicklung und Lesekompetenz und mit gezielter Unterstützung für die Fort- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte. Dennoch zeigen große Bildungsstudien immer wieder: In Deutschland lernen noch immer zu viele Kinder und Jugendliche nicht gut lesen.

Viele von ihnen stehen beim Lesenlernen vor besonderen Herausforderungen: weil sie Deutsch als Zweitsprache lernen, aus sozioökonomisch schwierigen Verhältnissen kommen, zuhause kaum Zugang zu Büchern haben oder eine individuellere Förderung brauchen. Der Schlüssel für erfolgreiches Lesenlernen liegt in der frühen Bildung. Deshalb hat sich die Bundesregierung viel vorgenommen. Wir werden die Sprachbildung stärken – mit Blick auf die Chancen und Herausforderungen von Mehr­sprachigkeit. Dafür braucht es gute Sprachdiagnostik, eine verlässliche und individuelle Sprachförderung – und das schon in der Kita. Denn Kinder sollen mit vergleichbaren sprachlichen Voraussetzungen in die Schule starten – und dort ihre Bildungschancen voll ausschöpfen können.

Gleichzeitig wissen wir: Nicht alles kann die Politik leisten. Umso wichtiger ist das Engagement der gesamten Gesellschaft. Der „Nationale Lesepakt“ steht genau dafür – für die breite Unterstützung, die wir brauchen, damit alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland gut lesen lernen. Und damit auch Erwachsene, die beim Lesen Unterstützung benötigen, nicht alleine bleiben.

Gerade im Bereich der Leseförderung ist der Anteil ehrenamtlich Engagierter besonders hoch – ob Einzelpersonen oder organisierte Initiativen. Und wir wissen: Dieses Engagement wirkt. Ein Jahr mit einer Lesementorin oder einem Lesementor kann für ein Kind oder einen Jugendlichen den entscheidenden Wendepunkt in der Bildungsbiografie bedeuten.

Es macht mich stolz, dass wir in einer so lebendigen und verantwortungsvollen Gesellschaft leben. Mit der Übernahme dieser Schirmherrschaft möchte ich dieses Engagement würdigen und weiter unterstützen.

Ihre 

Karin Prien
Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend

 

Bildnachweis: Dominik Butzmann/photothek